Lilian von Trapp

Lilian von Trapp hat eine Mission. Sie entwirft zeitlosen und vor allem erstaunlich praktischen Schmuck. Doch sie klärt auch auf und leistet Pionierarbeit in einer Branche, die den Gedanken der Nachhaltigkeit noch nicht weit genug denkt. Denn sind wir mal ehrlich: Wenn es um Mode geht, wollen wir guten Gewissens einkaufen. Wir achten auf das Etikett, auf Schlagwörter wie ‚Conscious‘ und ‚Sustainability‘ oder ‚Fair‘. Doch was ist eigentlich mit unserem Echtschmuck? Wir sprachen mit der Berliner Newcomer Designerin über ihren teils steinigen Weg, ihre Erkenntnisse und über ihre minimalistische Designhandschrift.

Die Geburtsstunde von Lilian von Trapp, das Label

Vorab sei gesagt: Lilian von Trapp ist studierte Juristin. Dass sie letztlich ihr gleichnamiges Label Ende 2015 gründete und Anfang dieses Jahres ihre erste Kollektion lancierte, hat sie ihrer verstorbenen Mutter zu verdanken, die ihr den Familienschmuck vererbte.

Lilian, wie kamst du darauf, dein eigenes Schmucklabel zu gründen?
Als ich den Familienschmuck geerbt habe, stand ich vor der Situation, all diesen Schmuck zu besitzen und habe mich gefragt, was ich damit machen soll. Es wäre zu schade gewesen, ihn auf die Bank zu sperren. Tragen kam aber auch nicht in Frage, weil er nicht wirklich meinem Geschmack entsprach. Also habe ich angefangen, mir eigene Designs zu überlegen. Ich wollte den Schmuck zwar verändern, aber die Materialien und somit den Schmuck bei mir behalten. Nach einer kleinen Suche habe ich dann in Berlin einen Goldschmied gefunden, der im Grunde genommen mit mir zusammen dann meine Entwürfe besprochen, ausgearbeitet und letztlich auch realisiert hat. Das Ergebnis kam so gut an – sowohl beruflich, als auch privat -, dass ich nach und nach mit dem Gedanken gespielt habe, mein eigenes Schmucklabel unter den Namen Lilian von Trapp zu gründen und den Ansatz von recyceltem Schmuck auf größerer Ebene fortzuführen.

Ist es dir denn schwer gefallen, die Sachen einzuschmelzen und zu ändern?
Nun, die Erbstücke, die mir emotional etwas bedeuten, habe ich natürlich nicht einschmelzen lassen. Aber es kam einfach einiges an Schmuck und Altgold zusammen – sowohl von beiden Großmüttern als auch von der Urgoßmutter.

Im Umkehrschluss ist das ein sehr schöner Gedanke, dass du den geerbten Schmuck zu deinem eigenen gemacht hast.
Ja, es ist schön zu wissen, dass es auch im Interesse meiner Familienangehörigen gewesen wäre, dass man die Sachen trägt und sie nicht in einem Safe vor sich hinvegetieren.

Baustelle: Nachhaltigkeit in der Schmuckbranche

Apropos dein eigenes: Dein Steckenpferd sind minimalistische Designs und der Aspekt der Nachhaltigkeit. Wie bist du darauf gekommen, Lilian von Trapp zu einem nachhaltigen Unternehmen zu machen?
Ich wusste, dass es gerade im Diamantenhandel Probleme gibt. Mir war aber nicht bewusst, dass diese Problematik auch gleichermaßen für die Goldmienen und Goldschürfungsprozesse gilt und so Mensch und Umwelt betreffen. Als ich das aber durch meine Recherchen herausgefunden habe, war für mich ganz klar: Das ist nicht der Weg, den ich gehen werde.

Was ist denn alles nachhaltig bei Lilian von Trapp?
Die Materialien sind recyceltes Gold und Vintagediamanten. Das heißt die Diamanten sind aus altem Schmuck ausgefasst und werden wiederverwertet. Die ganze Produktion hat ein geringes Energielevel sowie einen niedrigen Wasserverbrauch. Auch andere Parameter, die für eine nachhaltige Produktion relevant sind, werden runtergeschraubt. Ich lasse meinen Schmuck in Portugal bei einem Familienbetrieb in der dritten Generation herstellen. Dort bekommen die Arbeiter faire Löhne. Das ist sehr wichtig. Aber auch mein Packaging ist nachhaltig: Meine Schmuckbeutelchen sind aus Bio-Baumwolle und wiederverwerteten Materialien wie Seide und Leder. Sie werden in Italien handgefertigt. Und damit der Kreis sich schließt, sind die Pakete und Karten, die wir verwenden, ebenfalls aus recyceltem Papier.

Gibt es denn preisliche Unterschiede zwischen nachhaltigem und ‚normalem‘ Schmuck.
Das kann man so pauschal nicht sagen, denn der Goldwert wird ja von der Börse bestimmt. Sprich: Der Preis von Gold ist gleich – egal ob recycelt oder neu gewonnen. Daher gibt es im Goldwert keinen Unterschied, aber bei mir gibt es zum Beispiel gänzlich andere Schritte, die herkömmliche Unternehmen nicht durchlaufen müssen. Es war ein unglaublich mühsamer Prozess, für beispielsweise Vintage-Diamanten, an die richtigen, vertrauenswürdigen Quellen, Partner und Zulieferer zu kommen, die auch gewillt sind, diesen teils beschwerlichen Weg mit einem zu gehen. Am Anfang war ich in Antwerpen und bei diversen Diamanthändlern in Deutschland, die mich alle ausgelacht und gesagt haben, ich sei doch bekloppt. Es gab einfach kein Verständnis für mein ‚kompliziertes’ Vorgehen. Es hat mich daher teilweise an meine eigenen Grenzen gebracht, diese Partner zu finden. Glücklicherweise habe ich sie aber gefunden, denn ohne sie wäre das alles nicht möglich. Sie kaufen für mich alten Schmuck und alte Steine an und sortieren diese dann. Es steckt also ein immenser Aufwand dahinter, um diese Steine wiederverwenden zu können. Und das unterscheidet dann letztlich mein Label von anderen – auch im Preis.

Das zeigt aber auch, dass du sozusagen Pionierarbeit leistet, da in dem Bereich noch sehr viel Aufklärungsbedarf besteht.
Auf jeden Fall. Es ist interessant, dass der Endverbraucher so wenig aufgeklärt ist. Es gibt unglaublich viele, die sich bereits engagieren und gegen Echtpelz protestieren und kein Fleisch essen und so weiter, aber gleichzeitig dann einen Verlobungsring mit einem Brillanten tragen, von dem sie gar keine Ahnung haben, woher der eigentlich kommt und unter welchen Umständen er gewonnen wurde. Ich habe schon sehr oft beobachtet, dass es noch kein Bewusstsein für Nachhaltigkeit im Schmuckbereich gibt. Aber ausgerechnet dort sollte definitiv schnell ein Wandel stattfinden, denn davon sind sowohl Mensch und Umwelt betroffen. Das ist den Leuten einfach nicht bewusst und da fehlt einfach die Aufklärung. Das ist zu abstrakt für die Leute.

Weniger abstrakt sind deine minimalistischen Designs. Umso herausfordernder kann es sein, stets überraschende Entwürfe zu kreieren.
Das stimmt. Ich versuche den Gedanken der Nachhaltigkeit ein stückweit weiter zu denken. Heißt: Kauf weniger, aber dafür das Richtige. Woran hat man lange Freude? Was kann man lange tragen? Und  was hat die beste Qualität? Ich will meinen Kundinnen quasi immer etwas mehr geben. So kam zum Beispiel auch die Idee zu meiner Creole ‚round ones‘ zustande. Sie besteht aus einem Stecker und der Creole. Tagsüber kann man nur den Stecker im Büro tragen und diesen dann am Abend mit der Creole verbinden, fertig ist der schöne Abendlook. Ich finde einfach, man soll in etwas investieren, das man lange Jahre tragen kann und an dem man auch lange Jahre Freude hat. Das ist eigentlich mein Gedanke hinter jedem Design. Ich stelle mir immer eine erwachsene Frau vor, wenn ich etwas entwerfe und frage mich: Was kann ich für sie entwerfen, dass sie stärker macht.

Was lässt dich denn stärker fühlen: Gold oder Silber?
Ich trage kein Silber, weil ich nur noch meinen eigenen Schmuck trage und dafür nur Echtgold verwende. Ob aber nun Weißgold, Gelbgold oder Roségold? Da bin ich experimentierfreudig und trage auch gerne alle drei zusammen. Gerade Bicolor – sprich Weiß- und Gelbgold – finde ich total modern und jung. Diese strikten Vorgaben, man solle nur einen Goldton tragen, sind längst überholt.

Kette oder Ohrringe?
Ohrringe.

Ring oder Armband?
Ringe.

Beende bitte noch diesen Satz: Zeitlosigkeit bedeutet…
… für mich Stil, unabhängig von Generation und Trend.