Shanghai Tofu

Lina und Inga Zangers machen serious but funny business. Erst Ende letzten Jahres ist das Schwesternduo mit seinem eigenen Label Shanghai Tofu an den Markt gegangen – und das ziemlich erfolgreich. Ihre Markenzeichen: das Beret und der Tassel-Earring. Was ihnen dabei besonders gut gelingt: Die Synergie aus französischer Eleganz in Kombination mit chinesischer Tradition. Doch der wahre Twist liegt in ihrem Humor, denn die Schriftzeichen auf den aus 100 Prozent Schurwolle hergestellten Mützen bedeutet übersetzt „Sojasauce kaufen“. Warum? Das erklärt uns Lina Zangers im Interview mit The Clique Suite.

Lina, fangen wir von vorne an: Wie kamt ihr dazu, euer Label zu gründen?
Um ehrlich zu sein, hatten wir keinen Masterplan, irgendwann ein Modelabel zu gründen. Ich bin auch immer noch vollkommen überrascht, dass es letztlich doch so gekommen ist. Am Ende ist es aber eine Weiterentwicklung dessen, was wir vorher schon gemacht haben: Ich interessiere mich als Fotografin schon seit einer Ewigkeit für Mode und Design und Inga ist eine super Projektmanagerin. Nun erschaffen wir unser eigenes Baby und können uns frei austoben. Sicherlich kann man rückblickend sagen, dass der Grundstein der Idee ein Job von Inga in Shanghai war. Natürlich haben wir ständig über WeChat telefoniert (man passt sich der Firewall an), und dass ich sie besuchen und dort eine Strecke shooten würde, war ohnehin klar. Während Inga also unter der Woche arbeitete, habe ich mit ein paar Shanghaier Stylisten den Stadtteil der Französischen Konzession in Shanghai erkundet und alle Eindrücke wie ein Schwamm aufgesogen. Auf einem Stoffmarkt habe ich dann eine Hand voll Seidentasseln gekauft, ohne genau zu wissen, was ich später damit anstellen möchte. Drei Wochen später saß ich dann in Stockholm mit einem Glas Wein in der Hand und rief Inga euphorisch an, um ihr von meiner Idee für Shanghai Tofu zu erzählen. Sie war direkt on board.

Tofu wird in China auch als Schimpfwort benutzt, was perfekt zu unserem humoristischen Ethos passt.

Shanghai Tofu ist ein catchy Name. Wie kamst du auf die Idee?
Da Shanghai quasi die Wiege für die Idee war, wollten wir der Stadt auf jeden Fall ihren Tribut zollen und Tofu war ein großes Thema während unserer Zeit dort. Einerseits sind wir beide Vegetarier und waren in Shanghai ständig auf der Suche nach vegetarischen Tofu-Spots, was gar nicht so einfach war, andererseits wird Tofu in China auch als Schimpfwort benutzt, was perfekt zu unserem humoristischen Ethos passt. Das hört sich jetzt nach viel Kalkül an, aber eigentlich war es eine Fünf-Minuten-Entscheidung aus dem Bauch heraus. Kann man gut behalten, passt zu uns, nehmen wir.

Was fiel euch denn letztlich bei der Gründung eures Labels und beim Produktionsprozess leicht und was schwerer als gedacht?
Da wir als Quereinsteiger vom Produktionsprozess wirklich keinen blassen Schimmer hatten, haben wir uns am Anfang wirklich schwer getan, die richtigen Produzenten zu finden, da uns vor allem gute Qualität und faire Arbeitsbedingungen wichtig waren und sind. Unsere Ohrringe und Berets werden in Deutschland und dem Rest von Europa produziert. Die Tasseln kommen aber zum Beispiel aus einer kleinen Manufaktur in der Nähe von Shanghai. Diese Beziehungen und auch das Vertrauen mussten wir aber erst aufbauen. Wir sind nunmal keine alten Hasen im Anzug, dafür besteht unser kleines Team aus Freundinnen, die super talentiert in ihren Bereichen sind.
Einen Satz, den viele Unternehmer/innen bestimmt kennen, ist: Alles was schief gehen kann, geht auch schief. Das können wir jetzt bestätigen, aber wenn man sich darauf einstellt, tut es am Ende nur noch halb so weh.

Chinesische Schriftzeichen strahlen auf mich eine gewisse Magie aus – gerade weil sie hier von der Allgemeinheit größtenteils nicht entziffert werden können.

Wenn ich mich recht erinnere, bedeutet die chinesische Aufschrift auf den Berets übersetzt „Sojasauce kaufen“. Was steckt hinter diesem humoristischen Ansatz?
Genau, deshalb ist es das „Je Ne Soy Quoi“-Beret. Chinesische Schriftzeichen strahlen auf mich eine gewisse Magie aus – gerade weil sie hier von der Allgemeinheit größtenteils nicht entziffert werden können, überzeugen sie mit ihrer Ästhetik und bergen zudem noch eine versteckte Botschaft. Jedoch hatten wir keine Lust auf Schlagwörter wie Liebe, Hoffnung und so weiter, da diese ja schon ganz wunderbar in vielen chinesischen Tattoos der 90er abgefeiert wurden.

Shanghai Tofu

Als Fotografin kümmert sich Lina höchstpersönlich um die tollen Lookbook-Aufnahmen.

Und doch habt ihr euch dafür entschieden.
Ich bin in Shanghai über das Buch „Das Chinesisch, das du nicht in der Schule lernst“ gestolpert, das mit vielen Redensarten gespickt war. Kurze Sprichwörter, die Chengyu, sind traditionell verflochten mit China, und geben Rat für jede Lebenslage. Gleichzeitig gibt es auch sehr zeitgenössische Chengyus, die zum Beispiel auch durch Internet-Trends entstanden sind. Das fanden wir spannend und so ist „Sojasauce kaufen“ einer davon.

Da gibt es doch sicherlich eine kurze Story zu…
Ja, tatsächlich gibt es sie. In einem Fernsehinterview antwortete ein Mann, der auf einen Promiskandal angesprochen wurde, sinngemäß: „Das geht mich nichts an. Ich bin nur hier, um Sojasauce zu kaufen“, denn er war tatsächlich gerade dabei, Sojasauce zu kaufen. Und dieser Ausdruck ist dann zum Internetslang avanciert und wird im Sprachgebrauch für „mind your own business“ verwendet oder als Kommentar  gepostet. Ob das alles so „on trend“ ist, wie wir uns da vorstellen, klopfen wir dann nochmal mit unseren Chinesischen Team ab. Das Konzept ist also ein bisschen wie eine Matrjoschka; wer möchte, kann viel entdecken.

Sollte irgendwann  mal ein Concept Store anklopfen, der genau zu uns passt, wäre das auch eine Option.

Wie würdest du denn Shanghai Tofu mit nur ein oder zwei Begriffen beschreiben?
Spiced-up Streetwear.

Und auf welchen Märkten verkauft ihr mittlerweile eure Shanghai-Tofu-Produkte?
Bislang fokussieren wir uns auf „direct to consumer“, also unseren Direktverkauf über den Onlineshop. Damit fahren wir bislang sehr gut. So können wir auch bei kleinen Produktionsmengen unserem Qualitätsanspruch gerecht werden, ohne dass die Preise durch Einzelhandel-Markups explodieren. Dabei wollen wir auch größtenteils bleiben. Sollte irgendwann aber mal ein Concept Store anklopfen, der genau zu uns passt, wäre das auch eine Option.

Shanghai Tofu

Inga und Lina Zangers

Ihr seid mit Accessoires gestartet. Was sieht die Zukunft von Shanghai Tofu vor?
Wir möchten unser Business anders aufziehen, als es vielleicht der klassische Weg ist. Wir planen nicht, jede Saison eine neue Kollektion rauszubringen, sondern machen Liebhaberstücke. Wir strecken unsere Fühler gerade in die Apparel-Richtung aus. Mitte April gibt es dann auch schon wieder etwas Neues.

Was ist dann euer Konzept?
Farben spielen für uns in der Gestaltung eine essenzielle Rolle. Unsere Key-Farben sind Rot, Rosa und Schwarz. Jetzt im Frühling gibt es das „Je Ne Soy Quoi“-Beret in einer Springedition in „Lavender & Tangerine“. Ich liebe diese Kombination! Sie ist quasi eine Fusion aus französischem Lavendel und chinesischer Mandarine.

Wer sich eines dieser Liebhaberstücke ergattern will, hier geht’s zum Onlineshop von Shanghai Tofu.

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