Blaumann

Fliesenleger, Kaminfeger, Rohrverleger – die blaue Uniform des Handwerker genießt im Frühjahr eine neue Konnotation. Denn der Blaumann aus der Arbeiterzunft erfährt als sogenannter ‚Boilersuit’ eine Mode-Renaissance. Die Welt scheint in Sachen Einteiler jedoch noch zweigeteilt: ironische Kostümierung oder straßentauglicher Trend?

Woher stammt der Blaumann?

Zwingend blau muss der ‚Boilersuit’, trotz seiner deutschen Namensgebung, nicht sein. Das Farbspektrum der Frühjahrskollektionen reicht von Monochromes über zarte Nudetöne bis hin zu Neonfarben. Doch worauf lässt sich der Begriff ‚Blaumann’ dann überhaupt zurückführen? Der Einheitston des Overalls reicht bereits bis zur Industrialisierung zurück. Mischtöne wie edles Goldgelb oder royales Bordeaux waren extrem teuer in der Herstellung und damit nur der höheren Gesellschaftsschicht vorbehalten. Blau hingegen galt als Farbe der Arbeiter – gewonnen aus dem einheimischen Färberwaid mit ihrem Farbstoff ‚Indigoblau’. 1911 entwickelte der Amerikaner Henry David Lee – der übrigens 1889 die Marke ‚Lee’ gründete – den ersten Overall. Die strapazierfähige Hose aus blauem Denim gewann besonders bei Arbeitern schnell an Popularität und bot Raum für allerlei Werkzeug.

Vom Mond auf die Erde

Als Fashion Piece kam der Blaumann erst Jahrzehnte später in Frage. Denn als Neil Armstrong 1969 im weißen Einteiler den Mond betrat, bescherte der Astronaut auch seinem Look einen kometenähnlichen Auftritt. Die Mondladung wurde zum weltweiten Spektakel und der Overall mit neuen Stoffen wie Nylon, Rayon und Polyester zum Modehighlight der Generation X. Schließlich wurde der Weltraumanzug an keinem Geringerem als David Bowie zum androgynen Must-have, das sämtliche Geschlechtergrenzen überwindet. Designer Kansai Yamamoto entwarf für Bowies ‚Aladdin-Sane-Tour’ den ikonisch-gestreiften Overall ‚Tokyo Pop’. Der Boilersuit – ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Modewelt.

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Der Trend Blaumann auf dem Laufsteg zur Saison F/S 2019

Mit zunehmender Auflösung klassischer Geschlechternormen erobert der Blaumann derzeit auch die Laufstege für die kommende Saison F/S 2019. So präsentiert Stella McCartney ihre Version des Blaumanns in weißem Denim mit Tie-Dye-Muster. In knalligem Rot mit deutlich mehr Taillierung zeigt Hermès seine französische Variante der neuen Workwear. Zart und luftig geht es bei Zimmermann und den Boilersuits mit großzügigen Keulenärmeln zu. Und den wohl imposantesten Auftritt liefert Céline mit seinem schwarzen Leder-Pendant und tiefen Einblicken durch vermehrten Zipper-Einsatz.

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Wie wird der Blaumann kombiniert?

Mit nur einem Teil zum fertigen Look. Dennoch darf es dem Blaumann an kleinen Akzenten nicht fehlen: Statement Gürtel oder lässige Bauchtaschen verwandeln die einstige Arbeiterkluft in einen echten Hingucker. In Sachen Schuhwahl sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Vom flachen Sneaker bis hin zum Riemchenheel darf kombiniert werden, was gefällt. Tragen kann den Blaumann übrigens jeder. Kleinen und weiblich-geformten Frauen wird allerdings geraten, das gute Stück tailliert, mit geradem Bein und hohem Absatz zu tragen, um nicht gestaucht zu wirken. Mit der emanzipierten Version des Kleides steht dem stilvollen Abend mit Begleitung ‚Blaumann’ nichts mehr im Wege. Ausgenommen dem Toilettengang. Denn hier heißt es: blank ziehen, um sich zu erleichtern!